Wie schätzen Sie die Zinsen im nächsten Jahr ein, wann erfolgt die erste Zinssenkung?

SB: Wir erwarten die erste Zinssenkung durch die EZB im Juni 2024, gefolgt von zwei weiteren bis Ende 2024.

Soll man bei Immobilienkrediten oder langfristigen Finanzierungen variabel oder fix finanzieren, oder bei welchem Zinssatz sollte man fixieren?

SB: Variable Finanzierung war für Kreditnehmer von 2003 bis 2016 günstiger, von 2017 bis Mitte 2023 dürfte es fix gewesen sein. Aber diese Frage ist individuell zu klären und hat etwas mit der Risikoeinstellung und Risikotragfähigkeit zu tun.

Wie hoch erwarten Sie die Inflation für das Jahr 2024?

SB: Im Jahresdurchschnitt dürften es heuer 3,6% in Österreich sein, zum Jahresende 2024 könnten es 2 ½% sein.

Wird das Wirtschaftswachstum in Ö / Europa 2024 wieder anziehen oder droht weiterhin eine Rezession?

SB: Die Wirtschaft sollte im Verlauf von 2024 an Dynamik gewinnen, allerdings wird aufgrund des schwachen Starts nicht viel mehr als ein halbes % reales Wachstum herauskommen, 2025 sollte es dann wieder über ein % gehen.

Viele unsere Klienten sind im Bau- und Baunebengewerbe – wie sehen sie die Entwicklung?
SB: Die Aussichten für den Bau sind grundsätzlich positiv, allerdings werden im Wohnungsneubau die Volumen der Jahre 2021 und 2022 nicht so schnell wieder erreicht werden. Tiefbau, sonstiger Hochbau und Sanierung sollten jedoch stark von der grünen Transformation profitieren.

Durch die Signa Insolvenz ist ein Beben im Immobilienmarkt entstanden, wie sehen Sie die Immobilienpreise?

SB: Wohnimmobilienpreise werden vorläufig im Durschnitt noch unter Druck bleiben, einen Einbruch sehen wir jedoch nicht.

Die Löhne sind sehr stark gestiegen, belastet das die Exportfähigkeit unserer Betriebe?

SB: Klarerweise sind die gestiegenen Kosten für die Unternehmen im Export eine Belastung, da die gestiegenen Preise nicht in allen Industrien auch zu gestiegenen Erträgen geführt haben. Trotzdem ist Österreichs Exportindustrie gut aufgestellt und wird einiges durch höhere Produktivität kompensieren können.

Entwicklung der Energiepreise, Gas und Öl sind wichtig für unsere Betriebe – in welche Richtung werden sich die Preise entwickeln?

SB: Hier ist sehr viel Unsicherheit, nicht zuletzt auch aufgrund der geopolitischen Risken, Stichwort Naher Osten, wir gehen aber davon aus, dass die Energiepreise sich in etwa auf dem heutigen Niveau bewegen werden.

BYD liefert Behördenfahrzeuge nach Österreich – ist die Autoindustrie in Europa zu retten?

SB: Dies wird davon abhängen, wie schnell die Anpassung an die neuen Rahmenbedingungen gelingt, aber auch von den Vorgaben der Politik und der Bereitschaft, diese auch durchzusetzen. Den Höhepunkt ihrer Bedeutung dürfte sie in Europa aber überschritten haben.

Ein Interview soll positiv enden, welche Faktoren sichern den Wohlstand in Europa?

SB: Im Wesentlichen die gut ausgebildeten Arbeitskräfte, das stabile soziale Umfeld und schließlich auch die ausgezeichneten Unternehmer/innen, die in diesem Umfeld sich an die neuen Herausforderungen anpassen können.